Dank Custom ROM individualisieren Sie Ihr Android-Smartphone. ©iStockphoto.com/juniorbeep
Android-Smartphones profitieren von der Offenheit des Betriebssystems. Mittlerweile gibt es für fast jedes Gerät ein aktuelleres oder alternatives Android mit erweiterten Funktionen.
Googles Android-System ist als Linux-System unter einer Open-Source-Lizenz veröffentlicht. Das bedeutet, dass jeder den freigegebenen Quelltext weiterbearbeiten darf, um daraus eine eigene
Version des Betriebssystems für Smartphones und Tablets zu bauen. Um Android hat sich deshalb eine aktive Entwicklergemeinde gebildet, die alternative Versionen erstellt. Dies ist kein
Randphänomen geblieben: Inzwischen gibt es für nahezu jedes verkaufte Smartphone mit nennenswerten Stückzahlen ein alternatives Android – genannt Custom ROM.
Wozu ein anderes Android?
Den Schritt auf eine höhere Android-Version tun viele Hersteller nur mit erheblicher Verzögerung und bei vielen Geräten auch gar nicht mehr. Die Hersteller scheuen vor den Entwicklungskosten
zurück, die sich bei älteren Geräten nicht mehr amortisieren. Freie Entwickler haben dieses Problem nicht, da es hier nicht um Gewinnmaximierung, sondern um Funktionsmaximierung geht.
Custom ROMs basieren stets auf dem freigegebenen Android-Quellcode von Google, in dem unter anderem Kernel, die Dalvik Virtual Machine für die Laufzeitumgebung der Apps sowie die
Standard-Benutzeroberfläche enthalten sind. Der Kernel ist das Herzstück des Betriebssystems, und hier besteht immer großes Optimierungspotenzial, beispielsweise beim Scheduler. Mit Custom
ROMs gibt es über den vorausgesetzten Root-Zugriff auch stets die Möglichkeit, die CPU des Smartphones oder Tablets zu übertakten. Wie beim Heimrechner gilt allerdings auch hier: Eine zu hohe
Taktzahl kann zu Instabilität und Überhitzung führen. Und sie reduziert natürlich die Akkulaufzeit.
Offizielle Android-Systeme schleppen viel Ballast in Form von Hersteller-Apps, Werbung und Branding mit, den freie Entwickler schlicht über Bord werfen. Als Alternative bietet sich bei Custom
ROMs die unveränderte, schlanke Android-Oberfläche des Referenzsystems an, das sich beispielsweise auf den Google-Geräten der Nexus-Serie findet. Es gibt aber auch den umgekehrten Ansatz:
Einige Custom ROMs wie etwa MIUI stülpen dem Gerät eine ganz eigene Oberfläche über. Generell besteht darüber hinaus die Möglich keit, eine andere Optik über Themes im APK-Format
nachzurüsten.
Star unter den ROMs: Cyanogen Mod
Das bekannteste Custom ROM mit der größten Anwender- und Programmiergemeinde ist Cyanogen Mod. Laut einer automatisch erstellten Nutzungsstatistik auf dem Server des Projekts kommt es heute
auf rund 2,5 Millionen Geräten zum Einsatz. Schon vier Jahre Entwicklungszeit stecken in dem Projekt, das inzwischen in der Version 10 mit Jelly Bean als Basis angekommen ist und sich durch
seine schnellen Aktualisierungen auf neue Android-Versionen auszeichnet. Dabei unterstützt Cyanogen Mod offiziell über 70 Android-Geräte unterschiedlicher Hersteller mit einer stabilen und
vollständig getesteten Version – etwa für das HTC Sensation,
Samsung Galaxy S2, Google Nexus One und das Motorola Defy. Zudem gibt es für Hunderte von Geräten
Vorabversionen. Aufgrund der Dokumentation und vergleichsweise umfangreichen Unterstützung für zahlreiche Android-Geräte ist dieses Custom ROM ein idealer Startpunkt für unbeschlagene
Smartphone-Tüftler. Sämtliche Informationen und eine englischsprachige Dokumentation bietet die Projekt-Webseite www.cyanogenmod.com.
Aufwand: Die Schritte im Überblick
Eine wichtige Frage, die es vorab zu klären gilt: Wird mein Gerät überhaupt von einem Custom ROM unterstützt? Damit das Ergebnis auch den Vorstellungen entspricht und der Aufwand überschaubar
bleibt, müssen Sie zunächst Kompatibilitätslisten durchgehen. Für Cyanogen Mod finden Sie die Liste der definitiv unterstützten Geräte unter dem Menüpunkt „Devices“ auf der Projekt-Webseite.
Reichlich Auswahl an Erfahrungsberichten sowie wichtigen Hinweisen enthält das englischsprachige Forum
forum.xda-developers.com, wo Sie einfach im Suchfeld rechts oben Hersteller und Modellbezeichnung eingeben. Ein umfangreiches, deutschsprachiges Forum mit eigenen Boards zu
Geräten ist
android-hilfe.de. Generell gilt: Besorgen Sie sich vorab speziell zu Ihrem Gerät so viele Informationen wie
möglich.
Der Wechsel zu einer alternativen Android gelingt zwar nicht bei jedem Smartphone und Tablet auf die gleiche Weise. Im Wesentlichen sind es aber immer vier Schritte, die ausgehend vom
Werkszustand eines Geräts zum Aufspielen eines ROMs notwendig sind:
-
Rooten: Der erste Schritt beim Aufspielen der Custom-Firmware ist das Rooting. Android ist ein Linux-System
und übernimmt wiederum die Organisation der Zugriffsrechte vom Vorfahren Unix. Root-Zugriff bedeutet auch hier, dass Sie als Anwender die privilegierten Teile des Systems ändern
dürfen. Dazu gehören auch Modifikation und Austausch des Betriebssystems selbst.
-
Bootloader entsperren: Im Auslieferungszustand kann der Bootloader nur das originale Android starten. Bevor
das Smartphone oder Tablet ein Custom ROM ohne Signatur des Herstellers startet, muss der Bootloader entsperrt werden. Bei einigen Geräten wie etwa dem Samsung Galaxy Nexus ist das
sogar die Voraussetzung dafür, das Smartphone überhaupt rooten zu können.
-
Start des modifizierten Recovery-Image: Bei allen Android-Geräten gibt es einen Recovery-Modus für die
Systemwartung. Um diesen zu starten, wird das Gerät zuerst komplett ausgeschaltet. Im Anschluss daran betätigt man den Einschaltknopf und hält dabei, abhängig vom Modell, weitere
Tasten gedrückt. Das Android-Smartphone geht daraufhin in den Recovery-Modus. Anstatt den ab Werk vorbereiteten Recovery-Modus zu starten, ist zum Aufspielen eines Custom ROMs jedoch
ein modifiziertes Recovery-Image erforderlich, das zunächst auf die Speicherkarte kopiert wird. Aus dem Recovery-Modus heraus lässt sich das aktuelle ROM als Backup sichern, was sehr
wichtig ist, um später wieder zum originalen Betriebssystem zurückzukommen.
Neues ROM aufspielen: Der Recovery-Modus dient auch dazu, das Custom ROM als Ersatz für das Original-Betriebssystem auf das Gerät zu laden. Dazu muss das gewünschte und
zum Smartphone passend ausgewählte Custom ROM als Zip-Datei auf der SD-Karte liegen.
Ein Gerät zu rooten und sich die notwendige Dokumentation zu beschaffen, ist anfangs zeitaufwendig und nichts für nebenbei, sondern ein echtes Do-it-yourself-Projekt. Es erfordert Recherche,
Vorbereitung, Konzentration und auch etwas Risikobereitschaft. Eine App, die viele der genannten Schritte zusammenfasst und automatisiert, ist der ROM Manager. Diese App setzt bereits einen
freigeschalteten Root-Zugang voraus und kann dann nicht nur das erforderliche Recovery-Image auf das Smartphone durchführen, sondern auch das ROM-Backup. Die App nutzt die Zip-Datei des
Custom ROM, um das alternative Betriebssystem aufzuspielen. In der Basis-Variante ist der ROM Manager kostenlos. Die kostenpflichtige Premium-Version (fünf Euro) kann außerdem verschiedene
ROMs direkt aus der App heraus herunterladen und einspielen. Die kostenlose Variante reicht bei Verzicht auf etwas Komfort vollkommen aus und steht bei
Google Play zur Installation bereit.